So fühle ich mich als Pokémon-Fan der ersten Generation nachdem wir uns den 20. Film angesehen haben.
Die Enttäuschung über die Games hat der Hexenmeister HIER in Worte gefasst - dem kann ich nichts hinzufügen. Auch Pokemon Go hat irgendwelche Featers eingefügt, sodass ich die App zwar noch auf dem Handy habe, aber nicht mehr spiele.
Nun also noch "Pokémon - Der Film: Du bist dran!".
Schon beim Start kommt einem einiges bekannt vor und dem Fan der ersten Stunde dämmert es: Dieser Film scheint eine Nacherzählung der ersten Folgen zu sein. Mit ein paar Änderungen (Ash's Unterhosen-Szene fehlt zum Beispiel).
Doch bald schlägt der Film eine ganz eigene Richtung ein. So tauchen wie gewohnt bald schon zwei Begleiter auf, in diesem Falle Verena und Konstantin. Also doch keine Neuerzählung, sondern ein Einschub bevor Rokko und Misty zu Ashs Begleitern wurden.
Es werden mehrere wichtige Ereignisse der ersten Staffeln völlig neu, zusammenhanglos und emotional abgestumpft wiedergegeben. Rokko und Misty existieren in dieser Welt nicht, aus der sehr berührenden Abschiedsszene um Smettbo wird ein "Ich habe lieber Sex mit der Bitch als mit dir auf Reisen zu gehen" und dann ist da noch die Sache mit Glurak.
Ich kann den typischen 0815-Rivalen akzeptieren, immerhin handelt es sich dabei um Pokémon, auch seine Läuterung im Schnelldurchlauf. Aber als sich Glutexo zu Glurak weiterentwickelte, fühlte es sich an wie ein Schlag ins Gesicht. Mit einem kalten Fisch.
Dieser Film hat in nur 90 Minuten meine gesamte Kindheit zunichte gemacht. Dinge, die 20 Jahre lang Fakten waren, sind ausser Kraft gesetzt. Es gehörte zum Grundwissen jedes Pokémon-Fans, dass Glurak nicht auf Ash hört. Die Szene kommt sogar im Intro vor! Auch für uns Kinder war das eine wichtige Lektion: man muss den Respekt eines riesigen Drachenviehs verdienen, sonst macht es, was es will.
Es dauerte lange, wirklich lange, bis Ash und Glurak zueinander fanden und für unseren Helden war es mit riesigem Aufwand und einem Sprung über seinen eigenen Schatten verbunden. So sind auch wir Zuschauer mit ihm mitgewachsen.
Aber jetzt richtet sich die Pokémon Company völlig neu aus. Alles wird für eine neue Generaion über den Haufen geworfen. Ich kann verstehen, dass die Gruppe sich an die finanziell starken Jugendlichen wenden wollen, nicht an eine Generation 30+.
Aber es ist genau diese Generation, die Pokémon über 20 Jahre die Treue gehalten hat!
Und denen wird hier deftig ins Gesicht gespukt. Was mit den Games begonnen hat, wird nun auch bei den Filmen weitergezogen. Die Generation, die im Gegensatz zu Ash nicht 10 Jahre alt geblieben ist, aber sich trotzdem jedes Jahr neue Spiele, neue Konsolen gekauft hat, sich die Filme und Folgen angesehen hat, denen wird jetzt die Türe vor der Nase zugeschlagen.
Dem neuen Ash fällt alles in den Schoss. Er muss sich nicht anstrengen, schliesslich wurde er von Ho-Oh auserwählt. Genau so fühlt es sich auch an, wenn man die neuen Spiele spielt - man muss sich nicht mehr anstrengen. Man bekommt sogar gesagt, welche Attacke man ausführen soll.
Wie es der Hexenmeister ausgedrückt hat: Es fühlt sich, als sei man in seinem Elternhaus nicht mehr willkommen.
Den Rest des Abends haben wir damit verbracht, verstört von einem Zimmer ins andere zu gehen, weil wir nicht mehr wussten, was wir mit uns anfangen sollen. Etwas in uns ist mit diesem Film gestorben.
Wir haben beschlossen, weder die kommenden Games zu spielen, noch weitere Folgen bzw. Filme von Pokémon zu schauen, da wir diesen neuen Weg, den die Firma nimmt, nicht gehen wollen.
Nein, wir sind nicht zu alt für Pokémon, denn ich liebe es noch immer, die alten Spiele zu spielen, mein Team zu haben und mit ihnen Kämpfe auszutragen. Aber die neue Generation betritt eine Ebene, zu der ich keinen Zugang habe oder keinen Zugang haben will.
Vielleicht wäre der Eingriff dieses Films weniger stark gewesen, wenn er von Anfang an als "Alternatives Universum" vermarktet worden wäre. In einem alternativen Universum kann es gut sein, dass sich die Dinge anders entwickeln. Deshalb ist es ja ein Universum. Aber als Film Nr. 20 reiht sich "Pokémon - Der Film: Du bist dran!" in die Zeitlinie ein, in der die Serie und die anderen Filme angesiedelt sind. Nur dass sich diese Zeitlinie nun auf einem Level widerspricht, das ich nicht akzeptabel finde.
Wenn ich dabei an "Digimon Adventure Tri" denke, so haben die es geschafft, mit der neuen Serie die alte fortzusetzen, neue Zuschauer zu gewinnen und die alten Fans zu behalten. Pokémon schafft dies hier nicht. Wir sind nämlich nicht die einzigen Fans, die sich vor den Kopf gestossen fühlen.
Ausserdem möchte ich noch etwas zu dieser "speziellen" Szene sagen - SPOILER folgt weiter unten:
In der Szene, in der Pikachu zu Ash spricht, wird ein weiteres Mal -dieses Mal innerhalb des Filmes!- sich selbst widersprochen. Als Ash Pikachu fragt, weshalb es nicht in den Pokéball will, sagt Pikachu: "Weil ich immer bei dir sein will."
Pikachu wollte schon von Anfang an nicht in den Pokéball. Noch bevor es Ash überhaupt kannte. Nicht einmal Professor Eich hat es in einen Ball stopfen können (und Eich ist DER Professor überhaupt). Dies wurde im Film gleich in den ersten Minuten ebenfalls gezeigt. Pikachu rennt frei im Labor des Professors herum und Ash erhält ein paar Elektroschocks, als er vergeblich versucht, Pikachu in einen Ball zu bringen. Und die Beziehung zwischen den beiden war zu diesem Zeitpunkt noch alles andere als gut.
Ich werde immer ein Pokémon-Fan sein und mich auch als solcher identifizieren. Jetzt halt einfach mit dem Anhang, dass sich dies nur auf die alten Games/Folgen/Filme bezieht. So weh es auch tut, dies sagen zu müssen.
Mein inneres Loch habe ich mit Chips und italienischem Fernsehen gestopft, aber ich spüre, es ist immer noch da. Und es wird auch immer da sein.
Tut mir leid für dich, deine Kindheit, deine Jugend, deine Jetztzeit. :-(
AntwortenLöschenIch kann dich sehr gut verstehen. Ich wurde auch schon des Öfteren von einem Film, einer Weiterführung einer Serie enttäuscht.
Bei "Pokémon" kenne ich mich nicht so gut aus wie du oder die vielen anderen Fans. Aber dennoch kann ich bestätigen, dass sehr, sehr viele andere Fans wie du diesen 20. Film hassen.
LG
Stephan
Danke für dein Verständnis :)
LöschenGerade hierfür: Immer gerne doch. :)
LöschenLG
Stephan
:)
Löschen:)
LöschenLG
Stephan
Ja, ich kann das gut verstehen.
AntwortenLöschenEs gibt von vielen guten alte Filme eine Neuverfilmung oder die Story wird weitergeführt, aber durch die Kinder von Heute wird alles total vereinfacht & verblödet da gestellt. Als ob die Kinder nur noch dumm-zeug gucken würden. (& ja tuen sie zum Teil, weil keine alternative geboten wird!)
Wenn wir schon dabei sind, bei Spielzeug sieht es inzwischen auch nicht anders aus. Gesellschaftsspiele wie "Mister Pups" oder Lego nur noch mit Vorlagen. *vogel-zeig*
Lg Nicky
Da muss ich dir wohl im Grossen und Ganzen leider zustimmen :(
LöschenWobei ich mich auch frage, ob die Generation vor uns, unsere Serien & Spiele im Vergleich mit den ihrigen nicht auch verblödet fand?
Die Frage kann ich verneinen, ich bin gemäß dem Alter das in deinem Profil steht ein ganzes Jahrzehnt jünger als du und würde mich deiner Meinung vollkommen anschließen, dass der Anteil guter Produktionen aus den großen Häusern im Allgemeinen stark rückläufig ist. Bei mir sieht es so aus, dass ich auf viel Stoff, welcher aus vor meinen Lebzeiten stammt, zurückgreife: Die alten World-Master-Piece-Theater Serien statt 3D-Produktionen, DEFA Märchenfilme statt die Fließbandproduktionsreihe "Sechse auf einen Streich", Disney-Klassiker und auch meine Lieblingscomputerspiele, die ich ab dem Jahre 2011 (zuvor hatten wir noch keinen Computer) nach und nach entdeckt habe, stammen aus dem Zeitraum 1997-2004. Und auch einige Lieder stammen aus dem Zeitraum 80-95. Aus der Zeit stammen auch der Faschings-Klassiker Bolognese, die Kurt Felix-Zeit, Löwenzahn mit Peter Lustig, Vader Abraham die Schlümpfe uvm.
Löschen2002/2003 gab es auch noch Silvester mit André Rieu und im 1. ESC Semifinale 2009 trat das Alexandrow Orchester auf (https://www.youtube.com/watch?v=FCZNfeWGTkQ), das ja leider einen Flugzeugunfall hatte.
Desto mehr man in die Gegenwart kommt, desto dünner wird es. Ältere Produktionen sind vielschichtiger würziger und natürlicher Aufgebaut.
Nun, ggf. ist die Ursache dessens in der Politik zu suchen. In den 80er Jahren begann mit den Lambsdorff-Papieren das Ende des Sozialstaates. War man zuvor dabei ein Glasfaser-Internet aufzubauen und wollte die FDP noch 70% Erbschaftssteuer, ändert sich vieles Schlagartig: Man setzte wieder auf Kupferkabel für den Internetzugang und bis heute artet es immer mehr in Richtung kaltblütigen Kapitalismus aus - die Konstruktionen der Lobbyisten sind raffiniert, alleine das Konstrukt "Schuldenbremse" dient dem Zweck, dass der Staat gezwungen ist Sozialausgaben für eine Schwarze 0 zu kürzen und man konnte es so herumbiegen, dass nun sogar Gewerkschaften beim Lohndumping Beihilfe leisten, da es verschiedene Arbeiterklassen gibt, die Gewerkschaft aber nur die Klasse Stammbelegschaft vertritt. Der Ärztliche Bereitsschaftsdienst verlässt Städte mit weniger als 25.000 Einwohnern; Soziale Einrichtungen wie bspw. Bahnhofskommissionen schließten; mit Hartz IV wird Niedriglohnarbeit erzwungen; Städte werden etwas exklusives für die Oberschicht durch die Mietpreise; und sowohl in Politik als auch den Medien finden immer weniger Teile der Gesellschaft eine Stimme.
Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Auch wenn ich nicht der Ansicht bin, dass alles heutige ständig schlecht ist, so kann ich dir dennoch zustimmen, vor allem was den zweiten Teil deines Kommentars betrifft. Dieser harte Kapitalismus spiegelt sich auch in den aktuellen Medien, es wird nur noch publiziert und veröffentlicht, was Gewinn macht, Inhalt und Form sind dabei Nebensache. Von der Auswirkung auf unser gesellschaftliches Leben mal ganz zu schweigen, denn auch in der Schweiz sieht es nicht anders aus als von dir geschildert.
LöschenNun, ich würde es nicht mit solchen Worten ausdrücken, finde den Film am Ende aber auch zwar gut gemeint, aber schlecht gemacht. Es ist so, dass der Film ziemlich viel sehr kompakt erzählt und dabei die Tiefe verloren geht. Die Handlungen sind geradlinig geworden, bestehend aus Ereignissen/Kämpfen und zugehörigen Überleitungen - gegen Ende wird das wesentlich besser. Es bleibt dabei, dass zumindest in diesem Film die Geschichte sehr die Intention zu kämpfen vertritt und nicht den Charme der früheren Anime-Staffeln beibehält Geschichten und Erlebnisse zu erzählen, welche nur wie in Zeitraffer in den Film mit einfließen. Der Film ist der Art & Weise der Erzählung untreu und kann deswegen nicht an die vorherigen Staffeln anschließen.
AntwortenLöschenDas Ende ist im Vergleich zum Rest einigermassen akzeptabel, macht jedoch den zuvor angerichteten Schaden nicht wieder wett. Bereits die früheren Folgen/Filme sind sehr geradeaus erzählt (man will die jungen Zuschauer ja nicht überfordern), aber hier erreicht dies ein neues Level.
Löschen