Attack the Block, 2011 |
Die Aussenbezirke Londons: Hier leben jene, die kaum bis gar nichts haben. Sozialwohnungen, Armut, Verwahrlosung. Eine Gruppe Jugendlicher ist gerade dabei, eine junge Frau auszurauben, als plötzlich etwas direkt neben ihnen einschlägt. Das Etwas entpuppt sich als seltsames Wesen und bald schon fällt das Wort "Alien".
Die Jungs machen erfolgreich Jagd auf das Wesen und töten es. Als kurz darauf noch mehr Kometen einschlagen, freut sich die Gruppe erst darauf, noch mehr Unheil anrichten zu können. Doch die Wesen, die nun durch die Strassen schleichen, sind nicht mehr klein und wehrlos, sondern gross, haarig und todbringend.
Und sie scheinen etwas zu suchen...
Es gab für mich genau einen Grund, mir diesen Film anzusehen. Und dieser Grund heisst John Boyega. Ansonsten bin ich nicht so für Alien-Filme zu begeistern. Deswegen hatte ich wohl auch keine allzu grossen Erwartungen an "Attack the Block". Was kam dabei heraus? Absolute Begeisterung!
Regisseur Joe Cornish bringt uns direkt in jene Viertel, die ein normaler London-Tourist nicht zu Gesicht bekommt. Und auch nicht zu Gesicht bekommen will. Um diese Authentizität herzustellen, wurde auf ein professionelles Cast verzichtet. Stattdessen suchte man nach neuen, unverbrauchten Darstellern, die aus eben jenem Milieu stammen, das im Film dargestellt werden soll.
Für manche mag das nach einem Wagnis klingen, was es vielleicht auch war, aber wenn man sich "Attack the Block" ansieht, merkt man schnell, dass Cornish und sein Team hier richtig talentierte Jungdarsteller gefunden haben. Allen voran natürlich John Boyega, der mit diesem Film seine Karriere gestartet hat. Es sind unterdessen einige Jahre ins Land gezogen, aber schon damals zeigte sich Boyegas Talent und er macht den Film wirklich zu etwas Besonderem.
Boyega hat sich die Hauptrolle als Moses ergattert, der der Anführer einer Gruppe von Jungen ist, die nachts die Strassen unsicher machen. Doch je länger der Film andauert, desto mehr merkt man, wie sehr die Jungs zueinander stehen und sich unterstützen. Sie sind furchtlos und ziehen nur mit Feuerwerken bewaffnet gegen riesige Viecher in den Kampf und schlussendlich merkt man auch, dass sie eben genau das sind, was sie sind: Jungs. Beinahe noch Kinder und obwohl sie Angst haben, stellen sie sich den Ausserirdischen.
Das allein macht diesen Film bereits zu einem eher untypischen Alien-Film (keine Regierung, die hilft, keine ausgebildeten Agenten etc.), aber "Attack the Block" hat noch mehr zu bieten. Neben dem Teil, in dem die Biologie ins Spiel kommt und Erklärungen liefert (nicht in jedem Alien-Film vorhanden), überzeugt auch die gesellschaftskritische Ansicht.
Natürlich ist es -wieder mal- ein gewagter Sprung. Ein Film mit Aliens soll die Zuschauer auch noch belehren? Das kann ja wohl nicht gut gehen! Doch, kann es. Man hat das passende Setting, die passenden Schauspieler und Joe Cornish hat auch das passende Drehbuch hinbekommen. Die Kritik kommt nur dezent zum Einsatz, wenn man mal die Umgebung betrachtet, in der diese Kids leben. Aber Cornish setzt seine Hinweise gekonnt ein, sodass die Dialoge einschlagen und einem einfach im Kopf bleiben.
So zum Beispiel als sich Pest (Alex Esmail), der einzige weisse Junge der Gang mit Sam (Jodie Whittaker) unterhält. Sam meint, ihr Freund sei in Ghana um den Kindern dort zu helfen. Woraufhin Pest antwortet:
Why can't he help children in Britain? Not exotic enough is it? (Wieso kann er nicht den Kindern in England helfen? Nicht exotisch genug, nicht wahr?)
Auf diese Art und Weise wird der Zuschauer darauf hingewiesen, dass es auch in den reichen Ländern Europas Kinder gibt, die an Armut leiden. Die Hungern und nachts Frauen ihre Handys klauen, um zu Geld zu kommen. Ein Fakt, den leider viele Menschen ignorieren.
Oder die Szene, in der Moses zu Pest sagt:
Viel muss man dazu nicht mehr hinzufügen.Government probably bred those things to kill black boys. First they sent in drugs, then they sent guns and now they're sending monsters in to kill us. They don't care man. We ain't killing each other fast enough. So they decided to speed up the process. (Wahrscheinlich hat die Regierung diese Dinger geschickt, um schwarze Jungs umzubringen. Zuerst haben sie Drogen geschickt, dann haben sie Waffen geschickt und jetzt schicken sie Monster um uns zu töten. Es ist ihnen egal. Gegenseitig töten wir uns nicht schnell genug. Also haben sie sich entschieden, den Prozess etwas zu beschleunigen.)
Wir ihr vielleicht auch aus den Zitaten herauslesen könnt, ist auch die Sprache von Slang durchzogen und ich hatte teilweise Mühe, zu verstehen, was mit den einzelnen Ausdrücken gemeint ist. Aber es passt einfach sehr gut in die Umgebung. Ausserdem gibt es auch viele Anspielungen auf die moderne Popkultur (Harry Potter, Pokémon, Fifa) - lauter Dinge, mit denen die Kids aufwachsen.
Obwohl das alles nach sehr viel Ernst und Drama klingt, hat der Film sehr viele witzige Szenen. Unter andrem hat auch Nick Frost eine Rolle und lockert als Comic Relief alles etwas auf. Es ist also nicht alles nur dramatisch und tragisch. Und auch Freunde von Kämpfen kommen auf ihre Kosten, obwohl man hier auf das typische Equipment verzichtet. Wie gesagt, die Jungs helfen sich mit dem, was sie haben. Feuerwerk, Baseballschläger und ein paar Messer.
Aber vor allem die Schlussszene hat es in sich und schafft es, einem kalte Schauer den Rücken runterzujagen. Es kommt zu einer interessanten Wendung und viel zu schnell ist der Film auch schon vorbei.
Ach ja, wahrscheinlich wird man sich nach dem Anschauen in Aufzügen nicht mehr so wohl fühlen wie auch schon. Also, Aufzüge im Brandfall und bei Attacken von ausserirdischen Alien-Wolf-Monstern nicht benutzen.
Bechdel-Test: nicht bestanden
Moses und seine Kumpels haben zwar ein paar Freundinnen und Sam spielt eine zentrale Rolle, aber es kommt zu keinem richtigen Gespräch. Das, was die Mädels reden, dreht sich eben um die Gruppe von Jungs, die sie anrufen und seltsame Dinge vor sich hin brabbeln.
Lieblingsszene: Als die Gruppe mit den Feuerwerken den Gang im Block vernebeln, um sich zu schützen, und sich so Schritt für Schritt ihren Weg bahnen. Sie verlieren sich, sie müssen kämpfen und überleben. Das alles in diesem gespenstischen Nebel - sogar mir war da mulmig zumute!
Auch ohne John Boyega wollte ich diesen Film unbedingt sehen.
AntwortenLöschenNach "Star Wars 7: Das Erwachen der Macht" mit John Boyega will ich ihn noch mehr sehen.
Und jetzt, nach deiner Rezi, will ich ihn erst recht sehen. :-)
Hier handelt es sich anscheinend nicht nur um einen dummen Mensch-gegen-Alien-Action-Film, wie uns der Trailer suggerieren will. Das US-Remake, "The Watch - Nachbarn der 3. Art" mit unter anderem Ben Stiller, ist, glaube ich, so eine Art Film wie gerade von mir erwähnt (Ich muss an dieser Stelle allerdings gleich gestehen, dass ich auch diesen Film noch nicht sichten konnte). Die Amis haben wieder einmal die Gesellschaftskritik nicht verstanden, denen ging es wieder einmal nur um Action und Komik.
LG
Stephan
Ich hoffe, du kriegst diesen tollen Film bald zu Gesicht :D
LöschenDass The Watch ein Remake ist, wusste ich gar nicht. Bis auf das Alien-Thema scheinen für mich die beiden Filme kaum etwas miteinander zu tun zu haben. Für mich waren es bisher zwei selbstständige Filme.
Und nein, ATB ist mehr als nur ein simpler Mensch-vs-Alien-Film, hier wird einem so viel mehr geboten. Deshalb bin ich so hin und weg :)
:-)
LöschenLG
Stephan
Als der seinerzeit auf dem Fantasy Filmfest lief war ich begeistert und dachte mir: aus dem Boyega wird mal was Großes. Der Regisseur hatte erzählt, dass sie für das Cast ohne Witz aus ein paar tausend Jugendlichen auswählten (bis auf die "richtigen" Schauspieler wie Treadaway, Frost und Whittaker)mussten und soweit ich mich erinnere hatte Boyega bis dato auch keine Erfahrungen. Hatte mich echt umgehauen. Ich fand auch die Aliens so toll. Cornish erzählte, dass sie einfach die ganze Farbe rausgenommen haben und sie dadurch so unheimlich schwarz waren (sahen trotzdem plüschig aus oder? ).
AntwortenLöschenWow, du konntest den Film auf einem Filmfest sehen? Wie cool ist das denn? Und du hast Recht behalten, Boyega startet jetzt richtig durch!
LöschenLaut dem Extra auf der DVD meinte Boyega, er hätte vom Casting übers Internet erfahren und sich einfach mal angemeldet. Krass :D
Die Aliens sind superplüschig. Und mal etwas ganz anderes als die typischen glitschigen Viecher, die man sonst trifft. Und richtig schön dunkel und gruselig!